14. Mai 2014 Düstere Wolken ziehen über Feld 27 auf dem Kölner Südfriedhof auf, abrupte
Windböen kündigen kräftigen Regen an. Doch Ingrid Rasch und Johannes Krautkrämer blicken unbeirrt und erfreut
in die Kamera: Sie nehmen eine Spende für das Obdachlosengrab an, das ist für sie ein Grund zur Freude. Dann
aber schnell ins Trockene, wo die beiden von der Interessengemeinschaft Bestattung obdachloser Menschen mit dem
Ãœberbringer Werner Kirsch alles weitere besprechen.
Werner Kirsch, Fotograf aus Köln, hat in der Kirche St. Alban im Kölner Stadtgarten vom 5. bis 27. April eine Ausstellung gehabt: Bilder der Stille Fotografien von Verstorbenen. Die Bilder zeigten die friedvolle Seite des Todes. "Wir kennen aus den Medien den spektakulären Tod, den stillen bekommen wir kaum zu Gesicht", sagt er. Rund fünfhundert Besucher kamen zu der Ausstellung, die kostenlos war, doch eine Spende war sehr willkommen: "Schon bei der letzten Ausstellung haben wir für die Interessengemeinschaft Bestattung obdachloser Menschen gesammelt. Uns scheint es so selbstverständlich, dass wir einen geliebten Menschen in Würde und Feierlichkeit beisetzen. Die Interessengemeinschaft macht genau das auch für obdachlose Menschen möglich. Auch sie haben Freunde und Bekannte, die sich gerne von ihnen verabschieden wollen, ihr Grab besuchen wollen", sagt Werner Kirsch. 1.031,52 € sind durch Spenden der Besucher und eine Sonntagskollekte zusammen gekommen. "Wir freuen uns sehr darüber", sagt Ingrid Rasch, "wir können es gut brauchen, um die Gräberfelder in Ordnung zu halten." Die Interessengemeinschaft rechnet damit, dass die Grabstätte in etwa zwei Jahren vollständig belegt sein wird, schon jetzt sind dort 268 Urnen bestattet. "Wir brauchen eine neue Grabstätte, und wir hoffen sehr auf die Unterstützung von Rat und Verwaltung bei diesem Anliegen." 28. April 2014 Nach einer Verlängerung um fünf Tag ist am 26. April 2014 die Ausstellung Bilder der Stille Fotografien von Verstorbenen in der Kirche Neu St. Alban zu Ende gegangen. Der Fotograf Werner Kirsch gab die Zahl der Ausstellungsbesucher mit etwa Fünfhundert an. "Viele der Besucher haben sich die Fotos von den Verstorbenen zunächst in aller Stille angesehen. Aus den Fragen, die sie mir danach gestellt haben, entwickelte sich häufig ein langes und intensives Gespräch", sagte Kirsch. "Wie selbstverständlich begannen die Besucher über den Tod zu reden; über Tote in der eigenen Familie, wie sie gestorben sind, wie sie aussahen und viele Erlebnisse, die sicher kaum jemandem erzählt werden." Viele interessante Dinge habe er dabei erfahren, so Kirsch. Eine junge polnische Frau erzählte ihm, dass es in ihrer Heimat üblich ist, die Toten zu fotografieren. "Eine ältere Dame sagte mir, sie habe alle ihre verstorbenen Verwandten fotografiert und als kleine Galerie zu Hause stehen. Eine andere Frau wiederum wollte zunächst ihren verstorbenen Mann fotografieren lassen, weil er so friedlich aussah. Sie hatte aber dann doch Bedenken, sagte sie mir. Jetzt bereue sie es, dass sie kein Foto von ihrem Mann als Toten habe." Es erstaunte Kirsch immer wieder, wie offen die Menschen auf einmal mit dem Tabuthema Tod umgehen. "Es war, als hätten meine Bilder der Stille den Korken aus der Flasche gezogen, und es sprudelte nur so heraus! Das Bedürfnis, über den Tod zu reden, scheint größer zu sein, als von den meisten gedacht." Obwohl die Fotoausstellung bereits beendet war, wurde sie nach der Heiligen Messe am Sonntag, den 27. April noch einmal für die Gottesdienstbesucher geöffnet. Der bei der Messe anwesende bulgarische Violinist Prof. Vesselin Paraschkevov spielte dabei zu Ehren der ausgestellten Verstorbenen aus seinem Bach-Repertoire. "Ein unerwarteter, schöner und würdevoller Abschluss meiner Ausstellung", fand Kirsch. Während der Ausstellung wurden Spenden für das Projekt "Bestattung obdachloser Menschen" gesammelt. Der Spendenstand nach Ausstellungsschluss lag bei 1.031,52 Euro. "Eine überwältigende Summe", sagte Kirsch und dankte allen Spendern. 5. April 2014 Die Ausstellung Bilder der Stille Fotografien von Verstorbenen wurde in der Krypta von Neu St. Alban im Kölner Stadtgarten eröffnet. "Wir haben den Tod aus unserem Leben verdrängt, ist oft zu hören. Das stimmt aber nicht", sagte der Fotograf Werner Kirsch in seiner Eröffnungsrede. "Allein in der vergangenen Woche waren auf ARD, ZDF und WDR Fernsehen 29 Fernsehkrimis zu sehen – jeder mit mindestens einem Toten! Mit solchen Totendarstellungen haben wir überhaupt kein Problem. Im Gegenteil: Einen Krimi ohne Leiche finden wir langweilig." Auch in den Nachrichten sei das kaum anders. "Hier werden uns zwar Bilder von Toten meist erspart, dafür gibt es aber Ersatzdarstellungen wie die mit einer Plane abgedeckte Leiche oder die Blutlachen nach einem Attentat." Dass dies auch anders gehe, zeigten die Arbeiten der Kriegsfotografin Anja Niedringhaus, die vergangenen Freitag in Afghanistan Opfer eines Anschlags wurde. "Der gewaltsame Tod ist spektakulär und weckt unser Interesse. Mit dem stillen Tod aber haben wir Schwierigkeiten", so Kirsch. Doch um genau diesen Tod gehe es ihm. "Ich möchte in meinen Fotos den Tod nicht als Fratze, sondern als friedliches Gesicht darstellen." Kirsch fotografiert seit 2008 in Zusammenarbeit mit zwei Kölner Bestattern Verstorbene. "Natürlich nur mit Zustimmung der Angehörigen", wie er betont. Die meisten befalle eine seltsame Scheu bei dem Gedanken, einen Toten zu fotografieren. "Dabei habe ich von vielen Angehörigen gehört, dass die Aufnahmen, die ich von ihren Verstorbenen gemacht habe, ihnen bei der Trauer helfe." Kirsch möchte mit seinen Fotografien diese Scheu abbauen. "Neugeborene fotografieren wir doch auch! Und keiner der Toten, die ich aufgenommen habe, hatte etwas abstoßendes. Ich glaube, da haben viele eine falsche Vorstellung." Die Ausstellung Bilder der Stille – Fotografien von Verstorbenen ist noch bis Ostermontag, den 21. April in Neu St. Alban zu sehen. Kirche und Ausstellung sind täglich von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Am 15. April um 18 Uhr hält Pfarrer Prof. Rudolf Hoppe in Neu St.
Alban einen Gedenkgottesdienst für die fotografierten Verstorbenen.
Am 19. April um 15 Uhr findet eine Führung durch Neu St. Alban unter
dem Thema "Gemeinde zwischen Tod und Auferstehung" statt. |
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